Erzählen als Kunst geht über das alltägliche Erzählen hinaus. Es lebt vom unmittelbaren Kontakt zwischen ErzählerInnen und physisch anwesendem Publikum. Allein über die Lebendigkeit des gesprochenen Wortes, die beredte Mimik und Gestik des Erzählenden entstehen im Miteinander von ErzählerInnen und ZuhörerInnen imaginäre Welten, in denen Grundfragen der menschlichen Existenz sowie ethische und moralische Grundsätze bildhaft vermittelt werden.
In den schriftlosen Kulturen war (bzw. ist) das Erzählen ein Medium des Erinnerns, der Vergegenwärtigung vergangener (national bedeutsamer) Ereignisse und deren artifizieller Stilisierung sowie der Vergewisserung nationaler Identität. Nicht selten wurden Erzählung verwendet um das Selbstbewusstsein zu stärken (beispielsweise in Kulturen nationaler Minderheiten). Heute bilden diese Erzählungen einen Grundbestand des (inter)nationalen kulturellen Erbes.*
Geschichte
Mündliches Erzählen als Kunstform kann auf eine mehr als 3000-jährige Geschichte zurückblicken. Es hat in den verschiedenen Weltkulturen einen eigenen Berufsstand hervorgebracht. Heute haben Schrift und technische Medien (Hörfunk, Film, Internet) die herkömmlichen Funktionen des (künstlerischen) Erzählens übernommen.